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Gesetzliche Tarifeinheit

Wir sind gegen die gesetzliche Tarifeinheit,...

  • ...weil der Nahverkehr schon seit Jahren unter Tarifverträgen leidet, die mit Gewerkschaften abgeschlossen wurden, die die Interessen der Beschäftigten verraten haben (Stichwort: 2. & 3. Tarifebene)
  • ...weil der Gesetzentwurf den Sparten- und Berufsgewerkschaften die Zähne ziehen soll
  • ...weil die Tarifautonomie tatsächlich nicht in Gefahr ist und deshalb auch kein Gesetz benötigt wird
  • ...weil das Gesetz einen erheblichen Eingriff in unsere Freiheit darstellt, Tarifverträge nach unseren Vorstellungen abzuschließen
  • ...weil der Begriff des Betriebs nicht geklärt ist,
  • ...weil der Aufwand festzustellen, welche Gewerkschaft die sogenannte Mehrheitsgewerkschaft ist, in keinem Verhältnis steht
  • ...weil der Betriebsfrieden gefährdet wird. Schließlich sind die Gewerkschaften doch aufgefordert, noch schnell die Mehrheitsgewerkschaft zu werden, wenn die eine Gewerkschaft fast gleich viele Mitglieder hat wie die andere,
  • ...weil wir uns mit den Arbeitgebern einigen können,
  • ...weil wir uns nicht verbieten lassen wollen, für unsere Forderungen einzustehen, auch wenn wir weniger Mitglieder im Betrieb haben
  • ...weil das Gesetz für die Tonne ist. Das wird Euch das Bundesverfassungsgericht schon sagen.

Politik, lass die Finger davon!

Begriffserklärungen

  • TARIFEINHEIT
  • TARIFKONKURRENZ
  • TARIFPLURALITÄT

Unter dem Begriff Tarifeinheit wird der Rechtsgrundsatz verstanden, dass in einem Arbeitsverhältnis oder in einem Betrieb nur ein Tarifvertrag anzuwenden ist. Es handelt sich um eine Kollisionsregel für den Fall der Tarifkonkurrenz in einem Arbeitsverhältnis (Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis) oder für den Fall der Tarifpluralität in einem Betrieb (Tarifeinheit im Betrieb), also für solche Fälle, in denen mehrere Tarifverträge auf denselben Sachverhalt anwendbar sind.

Der Grundsatz der Tarifeinheit war in Deutschland bis Anfang 2010 aufgrund einer über Jahrzehnte andauernden ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geltendes Recht. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung bestimmte damit den anzuwendenden Tarifvertrag, wenn mehrere Tarifverträge dieselbe Tätigkeit regelten. Am 27. Januar 2010 veröffentlichte das Bundesarbeitsgericht aber eine Pressemitteilung, welche die Absicht des 4. Senates erklärte, im Falle der Tarifpluralität nicht mehr an der bisherigen Rechtsprechung festhalten zu wollen.

Am 23. Juni 2010 schloss sich auch der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichtes in zwei Beschlüssen dieser geänderten Rechtsauffassung an und kippte damit schließlich den Grundsatz für den Fall der Tarifpluralität. Es gebe keinen übergeordneten Grundsatz, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen könnten.

In Fällen der Tarifkonkurrenz wird ein Arbeitsverhältnis von mehreren Tarifverträgen erfasst, die dieselben Regelungsmaterien enthalten. Zu unterscheiden ist hierbei nach der Ursache der Konkurrenz: Die jeweiligen Tarifparteien können die kollidierenden Tarifverträge „autonom“ abgeschlossen haben, etwa wenn ein Verbandstarif und ein Firmentarifvertrag vorliegen.

Die andere Möglichkeit ist, dass die Tarifkonkurrenz durch staatliche Einflussnahme verursacht wurde. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn es neben einem Firmentarifvertrag noch einen nach § 5 Abs. 4 TVG für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag gibt, oder wenn der Arbeitgeber trotz Verbandwechsels nach § 3 Abs. 3 TVG an den bisherigen Tarifvertrag gebunden bleibt.

Die Rechtsprechung stellt in diesen Fällen nach dem Grundsatz der Spezialität die Tarifeinheit im Arbeitsverhältnis her. Danach ist der Tarifvertrag anzuwenden, der dem Betrieb räumlich und fachlich am nächsten steht. Dabei hat der Firmentarifvertrag Vorrang vor dem Verbandstarifvertrag, der fachspezifische vor dem fachübergreifenden und der regionale Tarifvertrag vor dem überregionalen. Kann durch das Spezialitätsprinzip kein Vorrang eines Tarifvertrages festgestellt werden, wird der Tarifvertrag angewendet, welcher die meisten Arbeitsverhältnisse im Betrieb erfasst (Mehrheitsprinzip).

Davon zu unterscheiden sind die Fälle der Tarifpluralität. Sie liegt vor, wenn mehrere Tarifverträge für unterschiedliche Arbeitsverhältnisse eines Betriebes Geltung beanspruchen, der Arbeitgeber also doppelt tarifgebunden ist.

Ein solcher Fall liegt zum Beispiel in einem Krankenhaus vor, in dem sowohl Mitglieder von ver.di als auch solche des Marburger Bundes vertreten sind. Nach früherer Rechtsprechung waren solche Tarifpluralitäten grundsätzlich nach dem Prinzip der Tarifeinheit aufzulösen. Der Grundsatz lautete also „ein Betrieb – ein Tarif“.

Zur Begründung wurde angebracht, dass das Nebeneinander mehrerer Tarifverträge unüberwindliche praktische Schwierigkeiten für den Arbeitgeber mit sich bringen würde. Die gelte umso mehr, als die Arbeitnehmer jederzeit die Gewerkschaft wechseln könnten. Zur Wahrung der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit müsse daher auf den gesamten Betrieb bezogen ein einzelner Tarifvertrag gelten. Welcher das sei, ergebe sich aus dem Grundsatz der Spezialität.

Kritisiert wurde daran vor allem, dass dieser Eingriff in die Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG) des Arbeitnehmers und der (verdrängten) Gewerkschaft verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen sei. Insbesondere werde ein Arbeitnehmer, der in der „verdrängten“ Gewerkschaft organisiert ist, um die „Früchte seiner Koalition“ gebracht und fällt auf den Status eines Nicht-Organisierten zurück, wenn keine Bezugnahmeklausel vereinbart wird.

Dieser Argumentation schloss sich das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010 schließlich an und gab den Grundsatz der Tarifeinheit bei Tarifpluralität auf.

Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Tarifeinheit aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported (deutsche Kurzfassung). In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.

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